Verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) und wer trägt die Beweislast? […]
Seitens der Finanzverwaltung wird häufig verdeckte Gewinnausschüttung unterstellt. Insbesondere tritt dieses Problem bei Betriebsprüfungen und Steuerfahndungen auf.
Zur Tragung der Beweislast für eine verdeckte Gewinnausschüttung hat neulich das FG Baden-Württemberg einen Gerichtsbescheid erlassen.
Kurze Zusammenfassung des FG Baden-Württemberg:
1. Aufgrund einer Anzeige, in welcher Gesellschafter-Geschäftsführer (Geschäftsführer) beschuldigt wurde, Einnahmen persönlich und zu Gunsten einer GmbH (Insolvenzschuldnerin) nicht der Besteuerung unterworfen zu haben und dadurch aus unversteuerten Mitteln beträchtliches in- und ausländisches Vermögen angehäuft zu haben, nahm die Steuerfahndungsstelle des Finanzamts Ermittlungen auf. Die Feststellungen sind im Bericht der Steuerfahndungsstelle festgehalten.
Die Auswertung der betrieblichen Buchungsunterlagen und der betrieblichen und privaten Bankkonten des Geschäftsführers durch die Steuerfahndungsstelle ergab, dass sich die Aufwendungen für den privaten Lebensunterhalt und die versteuerten Einkünfte nicht decken.
Die privaten Aufwendungen wurden über die betrieblichen Konten der Insolvenzschuldnerin verbucht. Gleichzeitig hat der Geschäftsführer seine Verbindlichkeiten gegenüber der Insolvenzschuldnerin getilgt, auch in bar. Neben der Tilgung seiner Schulden gegenüber der Insolvenzschuldnerin, zahlte Geschäftsführer noch erhebliche Beträge in bar auf seine privaten Konten ein, so dass er in den Streitjahren über ein Barvermögen verfügte.
Die Steuerfahndungsstelle des Finanzamtes wertete die in bar auf die Verrechnungskonten rückgeführten Beträge und die Bareinzahlungen auf dem Privatkonto des Geschäftsführers als Betriebseinnahmen der Insolvenzschuldnerin.
2. Steuerlich seien diese Beträge als vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Körperschaftsteuergesetz (KStG) nach Auffassung des Finanzamtes anzusetzen. Dabei sei der zugeflossene Betrag (Barrückführungen und Bareinzahlungen) als Bruttobetrag inklusive Umsatzsteuer anzusehen.
Es wurden seitens des Finanzamtes Schätzungsbescheide erlassen.
Eine vGA im Sinne des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG ist eine Vermögensminderung oder verhinderte Vermögensmehrung, die sich auf den Unterschiedsbetrag im Sinne des § 4 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) auswirkt, durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst oder mitveranlasst ist und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht.
Eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis ist in der Regel gegeben, wenn eine Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vorteil gewährt, den ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter unter vergleichbaren Umständen einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte (vgl. BFH-Urteil vom 22. Oktober 2003 I R 36/03, Bundessteuerblatt –BStBl– II 2004, 307).
3. Nach Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg (vgl. Gerichtsbescheid vom 16.08.2023 – 10 K 2082/2) habe das Finanzamt im Streitfall nach Aktenlage keine bei der Insolvenzschuldnerin eingetretene verhinderte Vermögensmehrung nachweisen können.
Es sei nicht ausreichend dargelegt worden, dass unversteuerte Betriebseinnahmen der Insolvenzschuldnerin vorhanden seien, die für Zwecke des Geschäftsführers verwendet worden seien.
Die Beweislast (objektive Feststellungslast) für das Vorliegen einer vGA (sog. verdeckte Gewinnausschüttung) trage allein das Finanzamt.
4. Konsequenzen für die Praxis:
Wenn nicht ausreichend dargelegt wird, dass unversteuerte Betriebseinnahmen der Insolvenzschuldnerin vorliegen, die für Zwecke des Geschäftsführers verwendet wurden, können keine vGA-Hinzuschätzungen erfolgen.
Es können daher keine zusätzlichen Betriebseinnahmen der Insolvenzschuldnerin angenommen werden, deren Verwendung für Zwecke des Geschäftsführers bei ihr zu einer vGA führen würden.
Die fehlende Aufklärung der Herkunft des beim Geschäftsführer festgestellten ungeklärten Vermögens ist daher nicht der Insolvenzschuldnerin anzulasten.
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