Sind Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen in Deutschland umsatzsteuerpflichtig? […] »
Zur umsatzsteuerrechtlichen Behandlung von Abmahnungen bei Urheberrechtsverletzungen nach dem aktuellen BFH-Urteil:
Sachverhalt:
Dem BFH (BFH-Urteil vom 13.02.2019 – XI R 1/17) lag ein Sachverhalt zugrunde, in dem die Klägerin (GmbH & Co. KG) eine Tonträgerherstellerin und Inhaberin von Verwertungsrechten an Tonaufnahmen, eine Rechtsanwaltskanzlei beauftragte, gegen rechtswidrige Verbreitung der Tonaufnahmen im Internet vorzugehen, im Namen der Klägerin gegen die Rechtsverletzer Unterlassungs- und Ersatzansprüche außergerichtlich geltend zu machen und Vergleichsvereinbarungen mit Rechtsverletzern abzuschließen. Dazu wurde die Kanzlei auch bevollmächtigt, im Namen der Klägerin Auskunftsansprüche gegen sog. Provider durchzusetzen.
In an die Rechtsverletzter gerichteten Schreiben stellte die Kanzlei die Rechtslage hinsichtlich ihrer Schadensersatz- und Unterlassungs- und Auskunftspflicht sowie ihrer Pflicht zum Ersatz von Anwalts- und Gerichtskosten sowie Aufwendungen im Zusammenhang mit der Auskunftserteilung durch den Provider nach § 101 Abs. 2 und Abs. 9 UrhG dar und bot an, gegen Unterzeichnung einer strafbewehrten Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung sowie Zahlung von pauschal 450 € (netto) von der gerichtlichen Verfolgung dieser Ansprüche abzusehen.
Daraufhin gingen im Streitjahr Zahlungen von Rechtsverletzern in Höhe von insgesamt 416.245,85 € auf einem von der Kanzlei geführten Fremdgeldkonto ein. Für ihre Tätigkeiten sowie für die von ihr gestellte technische, personelle und sonstige Infrastruktur erhielt die Kanzlei von der Klägerin vereinbarungsgemäß 75 % aller Zahlungen von Rechtsverletztern. Dieses Honorar sollte sich laut der Vereinbarung zzgl. Umsatzsteuer in der jeweils gesetzlichen Höhe verstehen und monatlich in Rechnung gestellt werden.
Aufgrund einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung für die ersten drei Quartale des Streitjahres kam der Prüfer des seinerzeit zuständigen Finanzamts (FA X) zu der Überzeugung, das von der Klägerin durch die Kanzlei betriebene Abmahnverfahren führe zu einem Leistungsaustausch zwischen der Klägerin und dem jeweiligen Rechtsverletzter.
Der Auffassung des Prüfers folgend setzte das FA X mit Bescheid vom 23. November 2011 die Umsatzsteuer für das Streitjahr auf 32.785,79 € fest. Den dagegen gerichteten Einspruch der Klägerin wies das FA X mit Einspruchsentscheidung vom 25. März 2015 als unbegründet zurück.
Nach dem erfolglosen Einspruchsverfahren klagt die Klägerin vor dem Finanzgericht (FG) Berlin-Brandenburg. Das FG gab der Klage teilweise statt. Es entschied, dass die Abmahnungen der Rechtsverletzer durch die Klägerin nicht umsatzsteuerbar seien.
Rechtliche Würdigung:
Nun hat der BFH das Urteil des FG aufgehoben und entscheid in der Sache selbst, dass
- Zahlungen, die an einen Unternehmer als Aufwendungsersatz aufgrund von urheberrechtlichen Abmahnungen zur Durchsetzung seines Unterlassungsanspruchs geleistet worden seien, seien umsatzsteuerrechtlich als Entgelt im Rahmen eines umsatzsteuerbaren Leistungsaustauschs zwischen dem Unternehmer und den von ihm abgemahnten Rechtsverletzer zu qualifizieren.
- Auf welche nationale zivilrechtliche Grundlage der Zahlungsanspruch gestützt würde, spiele für die Frage, ob ein Leistungsaustausch im umsatzsteuerrechtlichen Sinne vorliegt, keine Rolle.
Fazit:
Der Abmahnende muss im Wettbewerbsrecht die Abmahnungen mit den anfallenden Umsatzsteuern berechnen. Die Rechnung ist dabei auf den Abmahnenden selbst auszustellen und nicht auf die von ihm für die Abmahnung beauftragte Rechtsanwaltskanzlei.
Ansprechperson: Umsatzsteuerberatung, Vertretung vor Finanzgerichten in Umsatzsteuersachen, Umsatzsteuerstrafrecht, Seminare und Inhouse-Schulungen:
Konstantin Weber, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Steuerrecht, Karlsruhe und Baden-Baden, Deutschland
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