Unterschiedliche Handhabe: Einziehung im Strafrecht und Steuerrecht […] ˃
Unwirksame Einziehung wegen Doppelbelastung im Strafrecht:
Der Täter hat sowohl den Wert der Taterträge, die er durch seine Betrugstaten erlangt hat, als auch die ersparten Aufwendungen im Hinblick auf die erzielten Taterträge durch die Nichtabgabe von Umsatzsteuer-, Gewerbesteuer- und Einkommensteuererklärungen jeweils in den Veranlagungsjahren eingezogen.
Damit unterläge ein höherer als der insgesamt zugeflossene Betrag der Einziehung. Dies wäre mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht zu vereinbaren, wonach es durch Besteuerung und Vermögensabschöpfung nicht zu einer doppelten Belastung des Täters kommen darf (vgl. BVerfG, Beschluss v. 23. 1. 1990 – 1 BvL 4/87 u.a., BVerfGE 81, 228, 239 f.). Das gilt auch dann, wenn Zahlungen auf eine Einziehungsanordnung in anderen Veranlagungszeiträumen steuerlich wieder in Ansatz gebracht werden können.
BGH, Beschluss v. 5.4.2023 – 1 StR 436/22
Wirksame Einziehung im Umsatzsteuerrecht, keine Doppelbelastung:
Die Bestechungsgelder stellen trotz ihrer Gesetzeswidrigkeit und auch unter Berücksichtigung des Neutralitätsgrundsatzes sowie des ertragssteuerrechtlichen Verbots der Doppelbelastung zu versteuernde Entgelte (§ 10 UStG) für steuerpflichtige Leistungen im Sinne des § 1 UStG dar.
Wird der Steuerpflichtige später wegen der Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und wird strafrechtlich die Einziehung des Wertes des Erlangten (Bestechungsgelder) an die Landesjustizkasse abgeordnet, so führen die Zahlungen an die Landesjustizkasse nicht zu einer nachträglichen Minderung des Entgelts nach § 17 UStG.
Denn es fehlt eine umsatzsteuerliche Vorschrift, um eine strafrechtliche Vermögensabschöpfung (hier: nach §§ 73, 73c StGB) bei der Steuerfestsetzung zu berücksichtigen. Es kommt somit nicht darauf an, ob die Summe aus dem Abschöpfungsbetrag und der Gesamt-Steuerbelastung den aus den Gesetzesverstößen erlangten gesamten wirtschaftlichen (Netto-)Vorteil übersteigt. Möglich bleibt ein Billigkeitsverfahren nach § 227 AO.
Zahlungen des Leistenden stellen keine Entgeltminderungen i.S. des § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG dar, wenn sie nicht in unmittelbarem Zusammenhang mit der erbrachten Leistung stehen, sondern auf einem anderen Rechtsgrund beruhen (hier: einer Einziehung von Taterträgen nach den §§ 73 ff. StGB).
Die Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG hat nicht zur Folge, dass auch Zahlungen des Leistenden an einen Dritten (hier: die Entrichtung der strafrechtlichen Wertabschöpfung an die Staatskasse) zu einer Korrektur der Bemessungsgrundlage nach § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG führen. Dazu müsste der Leistende den Dritten anweisen, das Gezahlte an den Leistungsempfänger weiterzuleiten.
FG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 7.3.2023 – 2 K 2150/21 (nicht rechtskräftig, da Revision beim BFH unter Az.: XI R 6/23 anhängig ist).
Unwirksame Einziehung wegen Doppelbelastung im Einkommensteuerrecht:
Anders als bei der Umsatzsteuer ist die Rechtslage bei der Einkommensteuer geklärt.
Sofern eine Einziehung oder Beschlagnahme erfolgt, ist zur Vermeidung einer Doppelbelastung der Einziehungszahlung (Einziehung und steuerliche Nichtberücksichtigung) ein Abfluss jener Gelder gemäß § 11 Abs.2 Satz 1 EStG anzunehmen.
BT-Drucksache 18/11640 und BGH-Beschluss v. 5.9.2019 – 1 StR 99/19.
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